Kritik: „Last Christmas“ – Paul Feig

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Jedes Jahr pünktlich zur Weihnachtszeit gibt es kein Entkommen mehr – Man muss sich mehr oder weniger freiwillig dem Klassiker Last Christmas von Wham! hingeben, der bis zu den Feiertagen im Radio rauf und runter gespielt wird und sich gnadenlos in den Gehörgängen einnistet. „Brautalarm“undGhostbusters“-Regisseur Paul Feig hat sich es nun zur Aufgabe gesetzt, die Kinogänger schon Anfang November mit diesem Fluch zu belegen und eine ganze Geschichte rund um den 80-er Jahre Kultsong gestrickt – eine Romanze in London mit „Game of Thrones“-Star Emilia Clarke und Hollywood-Neuling Henry Golding („Nur ein kleiner Gefallen“), geschrieben von Oscargpreisträgerin Emma Thompson und natürlich ganz vielen George Michael Songs.

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Kate (Emilia Clarke) und Tom (Henry Golding)

Das Lied diente Emma Thomspon, die nicht nur eine Nebenrolle übernommen, sondern unter anderem auch das Drehbuch mitschrieb,  als Inspiration für die Handlung. Deswegen kann man sich schon von Anfang an auf eines gefasst machen: Ganz viel Kitsch und die gewünschte Portion Weihnachtsmagie, die sich doch jeder in den Wochen vor dem großen Fest ersehnt. Und gerade deswegen mangelt es „Last Christmas“ keinesfalls an Sentimentalität. Mit Emilia Clarke und Henry Golding wurde ein Leinwandpaar geschaffen, dass die Euphorie für die Festtage besser nicht hätte festhalten können, gleichzeitig kann selbst der Charme der Hauptdarsteller die wesentlichen Schwächen des Films nicht kaschieren.

Atmosphärisch scheint auf den ersten Blick erstmal alles zu stimmen. Die Romanze beginnt schwungvoll und zunächst witzig, besetzt mit der gut aufgelegten Emilia Clarke, die als weitaus tollpatschige Kate versucht ihr Leben auf die Reihe zu kriegen und währenddessen jeden erdenklichen Fehltritt begeht. Eine solche Rolle hat der britischen Schauspielerin nach dem Welterfolg von „Game of Thrones“ echt in jeder Hinsicht gut getan, es ist wie ein Tapetenwechsel und sie versucht in neuen Terrain und mit einer neuen Zielgruppe einen Namen für sich zu machen. Ihre Rolle erinnert sehr an eine familienfreundlichere Version von Phoebe Waller-Bridge in der Comedyserie „Fleabag“, doch so sehr sich Clarke bemüht eine chaotische Anti-Heldin zu kreieren, die von einer peinlichen Situation in die nächste rasselt – irgendwie kauft man ihr diese Rolle nicht immer völlig ab.

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Sana (Michelle Yeoh) mit ihrem Weihnachtselfen Kate (Emilia Clarke)

Und ab dann gehen auch die Probleme los: Während der Film in der ersten Hälfte genügend Schwung mit sich bringt, angetrieben von einer gewaltigen Portion Situationskomik und viel Wortwitz, so verliert sich „Last Christmas“, je weiter die Handlung voranschreitet und wird zu einem vorhersehenden Liebesdrama, das zu viele Themen gleichzeitig aufgreifen will. Daher bleibt die Geschichte zu seicht und vermag keine Tiefe zu erzeugen. Man sollte von einer Weihnachtskomödie grundsätzlich nicht zu viel erwarten, dennoch hätte man gerade Emma Thompson weitaus mehr zugetraut.  Doch das Skript will einfach nicht zu dem modernen Zeitgeist und den komödiantischen Einwürfen von Regisseur Paul Feig passen und verschlimmert das Unwohlsein beim Zusehen noch mehr. Der Plot vegetiert vor sich hin und den Twist haben die allermeisten sowieso nach dem Trailer schon erwartet, was die Geschehnisse nur noch klischeetriefender und unaushaltbarer machen, als man es aus einem Weihnachtsbuch hätte entnehmen können.

Gescheitert ist ebenfalls der Versuch die Songs von George Michael einzubringen. Viele Szenen leben von den Liedern, jedoch hätte es auch unzählige andere Balladen gegeben, die für Untermalung der Handlung gepasst hätten. Wenn man sich als Film schon damit brüstet, muss genau auch dieses Element stimmen. Andere filmische Beispiele, wie in etwa „Yesterday“ von Danny Boyle haben  in der Vergangenheit dann doch besser zeigen können, wie man den Soundtrack als inhaltliches Storyelement nutzen sollte um damit Musiklegenden  ehrenvoll zu würdigen. Doch die Mitwirkenden von „Last Christmas“ haben sich es stattdessen leicht gemacht und sich einfach nur den meist rauf und runtergespielten Weihnachtssong genommen, den eh schon niemand mehr hören kann und eine genauso deplatzierte Geschichte darum gestrickt.

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Quelle: Universal Pictures
„Last Christmas“ ist ein Film, der viel besser als Netflix-Romanze gepasst hätte, statt zum Kinoprogramm. Emilia Clarke und Henry Golding geben das wahrscheinlich niedlichste Leinwandpaar des Jahres ab, doch mehr als endloser Kitsch kann der neue Streifen von Paul Feig dann aber auch nicht. Trotzdem wird einem der Film in den nächsten Jahren wahrscheinlich – genau wie der Song – wohl öfter begegnen. Für manche wird das ein Grund zur Freude sein, die anderen würden wahrscheinlich am liebsten darauf verzichten.

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