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Kritik: „Honey Boy“ – Alma Har’el

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„Meine ganze Arbeit erfordert und wird durch Trauma-Erinnerungen motiviert!“ Otis (Lucas Hedges) zischt seinen Therapeuten im ersten Akt von Honey Boy an. Die Namen sind unterschiedlich und einige Details wurden ausgelassen, aber die wahre Natur seines wirklichen Lebenstraumas wird leicht ersichtlich.

Shia LaBeouf schrieb dieses Drehbuch während seines 10-wöchigen, vom Gericht angeordneten Reha-/Beratungsaufenthaltes nach einer Verurteilung wegen Trunkenheit am Steuer. In Therapiesitzungen werden die Patienten oft zu Rollenspielen ermutigt, um ein besseres Verständnis ihres Traumas und seiner Ursache zu erlangen. LaBeouf bringt dieses Konzept auf die nächste Ebene, indem er eine Version seines eigenen Vaters namens James spielt. Noah Jupe spielt den 12-jährigen Kinderschauspieler Otis und der A24-Star Lucas Hedges spielt den flüchtigen 22-jährigen Otis. Die gesamte Erzählung entfaltet sich, als wäre jemand an der Reihe, in einem Treffen der Anonymen Alkoholiker zu sprechen.

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Otis (Noah Jupe) und sein Vater (Shia LaBeouf)

Jegliche vorgefasste Vorstellung, dass dieser Film ein vom Ego getriebenes Eitelkeitsprojekt ist, wird in den Anfangsmomenten weggefegt. Otis blickt direkt in die Kamera und spricht die oft verspottete LaBeouf-Linie von „Nein…Nein..Nein..Nein. NEIN!“ Plötzlich wird er durch die Luft geblasen und eine körperlose Stimme schreit „Cut! Dies ist eindeutig ein Verweis auf seine Transformers-Filme. Dies sorgt für ein gewisses Meta-Ebenen-Gefühl beim Publikum, das vielleicht dazu dient, ein wissendes Grinsen zu verbieten. Wenn sich diese Sequenz mit einem jüngeren Otis wiederholt, wird die Symbolik deutlich. In beiden Fällen wird er an Seilen in der Luft hängen gelassen, als wäre er eine Marionette unter der Kontrolle eines anderen.

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Lucas Hedges mit Regisseurin Alma Har’el

Die Erzählung hält sich nicht allzu lange mit den spezifischen Ereignissen auf, die zu seinem Aufenthalt in der Reha führten. LaBeouf und Har’el wissen bereits, dass jeder, der zuschaut, diesen Teil der Geschichte kennt, und er ist klugerweise zu einer rasch fortschreitenden Montage von Selbstzerstörung, ungezügelter Wut und Zusammenstößen mit dem Gesetz verdichtet. Mit dem Ende dieses unorthodoxen Prologs beginnt das eigentliche Wesen der Erzählung. Im Alter von 12 Jahren ist Otis ein vollwertiger Kinderschauspieler mit einer Fernsehshow und James fungiert als bezahlter Anstandswauwau. Wenn er nicht gerade am Set filmt, wird ein Großteil des Films in einem heruntergekommenen Motel irgendwo im San Fernando Valley verbracht. Natasha Braiers Kinematographie fängt die Schönheit des natürlichen Lichts am Tag und die Aufdringlichkeit des Neons in der Nacht ein. Die daraus resultierende Dichotomie erzeugt Bilder, die oft am Rande des Realismus stehen und gleichzeitig in der brutalen Realität verankert sind.

Einige der kraftvollsten Momente zwischen Otis und James finden in diesem engen Motelzimmer statt, und die Spannung ist greifbar. Hier radeln Vater und Sohn durch ein traumatisches Kaleidoskop hässlicher Emotionen. Shia LaBeouf stellt nicht einfach eine Version seines Vaters als James dar, sondern ruft ihn aus den dunkelsten Tiefen seiner eigenen Wut heraus. Dies wird deutlich, wenn James mehr und mehr die Kontrolle verliert und sich darauf verlässt, zu kontrollieren, wie Otis sich selbst wahrnimmt. Noah Jupe ist herzzerreißend, als er den frühreifen Kinderschauspieler porträtiert, der erlebt, wie die Samen der PTSD in voller Blüte stehen.

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Noah Jupe spielt die jugendliche Version von Shia LaBeouf

Honey Boy ist einer der konfrontativsten und kathartischsten Filme von 2019. Ein guter Film gelingt, wenn das Publikum die Protagonistin anfeuert. In diesem Fall finden sich viele plötzlich für Shia LaBeouf selbst begeistern.

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